digitaler Kreuzweg
Kreuzweg
der digitale Musen - Kreuzweg

Hier entsteht die Spannung zwischen der Realitäts- heischenden Digitalfotografie und der abstrakte Vorgänge symbolisierenden Handzeichnung. Vorerst steht das Zeichen durch christlich geprägte Kulturgeschichte und religiöse Praxis komprimiert. Für viele unverständlich, bisweilen undurchschaubar und ikonographisch verschlüsselt. Durch das Rollover mit der Mousebewegung tritt dann die mimetische, sinnlich nachvollziegbare Ebene hinzu, deren Genese jedoch rein digital zustandegekommen ist. So kehrt merkwürdigerweise die computergenerierte Scheinwirklichkeit zu der angestammten Aufgabe analogen Abbildens zurück, das analoge Zeichen verweist wiederum auf seinen gedanklich-abstrakten Ursprung.

Die Aufnahmen wurden mit Schülern (2i) spontan und ohne Vorbereitung im Schulhof mit einer digitalen Kamera gemacht und zeugen von der Lust der Schüler zur theatralischen Inszenierung. Die dazugehörigen Zeichnungen hat uns eine Schülerin dieser Klasse nachgeliefert. Im Multimediakurs wurde das Konzept für diese Arbeit entworfen und ausgeführt. Das Fach Religion war in diese Arbeit nicht unmittelbar eingebunden.

Fragen, die gestellt wurden:

1.) Ist es verantwortbar, mit religiösen Inhalten in dieser Weise umzugehen? A: Die Frage nach der Abbildbarkeit religiöser Inhalte im Christentum ist so alt wie dieses selbst. Einerseits entspricht es einem genuinen Bedürfnis der Menschen, das, was sie abstrakt glauben, auch sinnlich sichtbar zu machen, andererseits hat gerade die Menschwerdung Christi etwas mit Bildhaftigkeit zu tun.

2.) Mißbraucht man nicht die Schüler, indem man diese in religiöse Rollen schlüpfen lässt? A: Identifikation ist das Non-Plus-Ultra jeder religiösen und ästhetischen Aussage. Im Mittelalter hat man sich nicht gescheut, die Geschichten des Alten und Neuen Testamentes spielen zu lassen (z.B: Passionsspiele), um in einer Art mystischen Nachvollzuges die Mysterien der Religion besser erlebbar zu machen. Auch sprechen wir immer von der Aktualisierung religiöser Inhalte ohne jedoch diese verflachen zu wollen. Das Vesperbild aus dem späten 15. Jahrhundert ist so ganz dem Geschmack und der Mode der Zeit unterworfen, ohne jedoch an der Tiefe der Aussage irgendwelche Abstriche machen zu wollen.

3.) Die vorliegende Arbeit hält sich nicht strikt an die 14 Kreuzwegstationen der katholischen Kirche. A: Tatsächlich erstrecken sich die Szenen vom Palmsonntag bis zu Pfingsten, zeigen also einen Teil des Kirchenjahres. Der Name "Kreuzweg" wurde jedoch deswegen gewählt, weil die Präsentation so strikt in Stationen geteilt ist und dadurch der erzählenden Struktur der Webpräsentation angenehm entgegenkommt.

Anton Thiel